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Lore
Spektroskopische Hülle
Für Geister, die sich mit der Biochemie des Universums beschäftigen.
Glint flitzte durch den Variisis-Kern der Letzten Stadt, bis er die Schläuche und Rohre von Eidos Labor entdeckte, die sich durch die Dachsparren zogen. Der Tank brodelte und bebte leicht, umgeben von sorgfältig beschrifteten, aber achtlos umherliegenden Paletten mit Pflanzen. Ein Kaninchen hockte sich auf die Hinterbeine, um einen Tontopf mit Beeren und Kräutern zu inspizieren.
Plötzlich packte Eido Glint und drückte ihn an sich, was seinem Kichern ein Ende setzte. Eine löchrige schwarze Säule stieg blubbernd von ihrem Arbeitstisch auf und verbreitete dabei den stechenden Geruch von verbranntem Zucker. Sie hielt den Geist fest, abseits der Dampfschwaden, und tauchte einen Becher in einen Eimer mit Wasser und Natriumbikarbonat.
Eido ließ Glint wieder sanft los und wischte sich die Stirn.
„Was … was war das?!“, rief er aus.
„Konzentrierte Schwefelsäure. Leider nicht so verdünnt, wie ich gehofft hatte.“
Glint warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Und ich Dummerchen dachte, es wäre schon gefährlich genug, das Deck des Flüsterns zu deuten.“
Eido schüttelte den Kopf. „Eine Provisorin ist nur so gefährlich wie ihre mangelnden Fachkenntnisse, aber die Provisoren von Riis waren Meister der Botanik, der Kräuterkunde und der Medizin. Sie arbeiteten mit instabilen Stoffen. Heimlich. Ihre Fachbegriffe sind manchmal verworren. Oder sogar verschlüsselt. Oder beides! Selbst als Schriftgelehrte verstehe ich einige dieser alten Rezepte nicht einmal ansatzweise.“
Glint nickte verständnisvoll. „Ganz zu schweigen davon, dass die hohe Sprache wahnsinnig kompliziert ist. So viele Wörter haben die unterschiedlichsten Bedeutungen.“
„Und all die Kombinationsmöglichkeiten erst recht. Außerdem muss man den ursprünglichen Zweck dieser Rezepte verstehen.“ Eido holte ein Datenpad hervor. „Schau dir das mal an. Wahrscheinlich stammte es aus der Zeit nach den Rand-Kriegen.“
Glint las und seine Iris leuchtete vor Staunen auf. „Heißt das … Drachenblut? Also … Ahamkara?“
„Ganz und gar nicht. Nach dem, was ich in anderen Texten herauslesen konnte, handelt es sich um eine Abkürzung für eine Pflanze, deren Saft so dick wie Blut war.“
Glint dachte einen Moment lang nach. „Was ist, wenn wir hier kein Drachenblut finden?“
„Eben“, antwortete Eido und zeigte auf den Tontopf neben ihr. „Wenn für ein Elixier-Rezept eine Beere benötigt wird, eignen sich dann die Erdbeeren der Erde als Ersatz? Wir müssen damit herumexperimentieren, vielleicht eröffnen sich uns ungeahnte Möglichkeiten.“
Glint warf einen Blick auf Eidos gerade durchgeführtes Experiment. „Oder ungeahnte Desaster.“
„So oder so, um diese Rezepte zu entschlüsseln, brauchen wir Zeit. Und die ist heutzutage leider ziemlich knapp bemessen“, seufzte Eido.
„Wir stehen vor einer gewaltigen Aufgabe. Aber es gibt auch gute Nachrichten“, verkündete Glint. Er wirbelte durch die Luft und landete auf Eidos Schulter. „Du hast jede Menge Verstärkung zur Hand.“